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ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff von AstraZeneca : Zulassung und Nebenwirkungen

Der dritte notzugelassene Impfstoff ist jener von AstraZeneca. Dabei handelt es sich um einen DNA-Impfstoff, der mittels eines modifizierten Adenovirus zu den Zellen transportiert wird. Leider wurde während des Zulassungsprozesses versäumt, der Kontrollgruppe als Placebo physiologische Kochsalzlösung zu injizieren. Stattdessen wurde jenen Personen ein Meningokokken-Impfstoff verabreicht. Werden so nicht etwaige Nebenwirkungen verschleiert?

Ein weiterer (not-)zugelassener Impfstoff

Der Impfstoff von AstraZeneca gegen SARS-CoV-2 ist ein weiterer (not-)zugelassener Impfstoff. Dieser benutzt einen rekombinanten (d. h. künstlich hergestellten) Adenovirus als Vektor, welcher die genetische Information zur Herstellung des SARS-CoV-2-Spike-Protein enthält (ChAdOx1-S) [1]. Dieser ist unadjuvant. Adenoviren sind natürliche Viren, die bei Schimpansen leichte Erkältungssymptome verursachen. Beim Menschen hingegen werden keinerlei Krankheitssymptome hervorgerufen. Vektorimpfstoffe wurden bereits gegen Ebola oder Denguefieber eingesetzt [2][3].

Doppelsträngige DNA und nicht RNA als Erbinformationsträger

Als Erbinformationsträger nutzt AstraZeneca doppelsträngige DNA, nicht RNA. Der Adenovirus dient als Transportmittel und befördert die DNA, welche die Information zur Produktion des COVID-19-Spike-Proteins enthält, zu den Zielzellen. Durch einen mehrstufigen Prozess, der die Endozytose (Aufnahme vom zellfremden Material in die Zelle) und den zytoplasmatischen Transport (Transport in der Zelle) umfasst, gelangt letztendlich die DNA des Adenovirus (inklusive der Spike-DNA) in den Zellkern [4]. Dort angekommen erfolgt die Umsetzung genetischer Information auf die übliche Weise: Die DNA dient als Vorlage zur Bildung von RNA, wird dann aus dem Zellkern ins Zellplasma transportiert und dort erfolgt die Produktion der Spike-Proteine. Das Immunsystem erkennt diese Spike-Strukturen als fremd an und startet die Immunantwort. Diese endet mit der erfolgreichen Bildung neutralisierender Antikörper.

Durch die Entfernung von Genen, die für die Replikation von Adenoviren verantwortlich sind, können sich diese nicht mehr selbstständig in den Zellen vermehren. Daher ist nach der Infektion einer Zelle keine weitere Ausbreitung des Virus zu erwarten und das Virus sollte sich überhaupt nicht weit vom Ort seiner Verabreichung fortbewegen. Vorstudien konnten dies bestätigen: das Virus wurde lediglich in der Nähe der Injektionsstelle und in benachbarten Lymphknoten nachgewiesen, nicht in anderen Organen. Und das auch nur unmittelbar nach der Injektion. Bereits 24 Stunden nach Verabreichung des Impfstoffes konnte das Virus gar nicht mehr im Körper gefunden werden.

Der Impfstoff ChAdOx1 nCoV-19 von AstraZeneca wird in menschlichen embryonalen Nierenzellen hergestellt, quasi in Zellkulturen. Ferner sind die Hilfsstoffe Histidin, Histidinhydrochlorid, Magnesiumchlorid, Polysorbat 80, Ethanol, Saccharose, Natriumchlorid, Dinatriumedetat und Wasser für Injektionszwecke im Impfstoff enthalten.

Die Wirksamkeit beträgt 70,4 %

Insgesamt nahmen 23.745 Personen an den klinischen Studien teil. Dabei infizierten sich nach der Impfung 131 Personen an SARS-COVID-2: 101 Fälle stammten aus der Kontrollgruppe und 30 Fälle aus der Impfgruppe. Die Wirksamkeit beträgt 70,4 % [1].

Die Teilnehmer der klinischen Studien wurden, wie üblich, in zwei Gruppen aufgeteilt: in eine Verum-Gruppe, welche den ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff erhielt und in eine Kontrollgruppe (Anmerkung: nicht Placebogruppe!), die größtenteils einen anderen Impfstoff verabreicht bekam. Die allermeisten Probanden der Kontrollgruppe erhielten den Meningokokken-Konjugat-Impfstoff MenACWY. Inkonsistent dazu wurde einigen Teilnehmern der Kontrollgruppe (jenen aus Südafrika und zum Teil auch aus Brasilien) eine 0,9 %-ige Kochsalzlösung injiziert. Da ja durch Impfung von MenACWY selber auch diverse Impfreaktionen zu erwarten sind, ist ein Vergleich der Verum- mit der Kontrollgruppe gar nicht möglich. Die Häufigkeit von Nebenwirkungen kann nicht eingeordnet werden. Wieso wurde nicht wie bei Moderna oder Pfizer/ Biontech ausschließlich 0,9%-ige Kochsalzlösung als Referenz verwendet? Würde dann vielleicht auffallen, wie häufig Nebenwirkungen auftreten? Soll etwa bewiesen werden, dass der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff weniger gefährlich als der Impfstoff gegen Meningokokken ist.

Einnahme von Paracetamol ausdrücklich erlaubt.

Außerdem wurde eine präventive Einnahme von Paracetamol ausdrücklich erlaubt. Komplett alle Studienteilnehmer aus Brasilien erhielten Paracetamol sogar prophylaktisch. Ist den Herstellern nicht bewusst, dass so unmittelbare Nebenwirkungen wie hohes Fieber oder starke Schmerzen verschleiert werden können? Oder war gerade dies die Absicht, damit der Impfstoff in einem besseren Licht steht?

Impfreaktionen und Impfnebenwirkungen

Es traten Impfreaktionen auf, jedoch, verständlicherweise, nicht viel häufiger als in der Kontrollgruppe. Als Impfnebenwirkungen wurden Empfindlichkeit, Schmerzen, Rötung, Juckreiz, Schwellung oder Bluterguss an der Injektionsstelle, allgemeines Unwohlsein, Müdigkeit (bei 53 %), Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen (auch bei 53 %), Übelkeit, Gelenk- und/ oder Muskelschmerzen genannt. Auch kam es zu einer Abnahme an weißen Blutzellen, speziell an neutrophilen Granulozyten und Blutplättchen.

Schwere Impfreaktionen, die möglicherweise im Zusammenhang mit ChAdOx1 nCoV-19 stehen sind ein Fall von Transverser Myelitis und eine neue Diagnose von Multipler Sklerose. Es wird vermutet, dass die Multiple Sklerose schon vor der Impfung vorhanden war, da die Diagnose 10 Tage nach der Impfung vorgenommen wurde und ein MRT multiple Läsionen im Gehirn und Rückenmark zeigt. Diese Läsionen können sich nicht in nur 10 Tagen entwickelt haben. Ob die Impfung die Symptomatik beschleunigt hat, kann nicht gesagt werden. Das Auftreten einer Transversen Myelitis bei einer Studienteilnehmerin führte im September 2020 zu einem vorübergehenden Pausieren der Impfstoffstudien. Bei der Transversen Myelitis handelt es sich um eine sehr seltene, aber ernsthafte, autoimmune Entzündungsstörung des Rückenmarks. Das körpereigene Immunsystem greift dabei die Myelinscheiden der Nervenzellen im Rückenmark an. Eine Transverse Myelitis kann unter Umständen als Folge einer Multiplen Sklerose auftreten. Das Auftreten der Symptome erfolgte 54 Tage nach der ersten Kontrolldosis.

Außerdem traten sechs Fälle von Gesichtslähmung, drei in jeder Studiengruppe, auf. In der Kontrollgruppe kam es bei zwei Fällen zu einer Trigeminusneuralgie, eine Reizung der Trigeminusnerven, die zu blitzartig einschießenden heftigen Gesichtsschmerzen im Bereich der Stirn, der Wangen oder des Kinns, führen [5].

Seltene unerwünschte Ereignisse werden erst nach Produktzulassung entdeckt

Sehr seltene unerwünschte Ereignisse werden jedoch größtenteils erst nach Produktzulassung entdeckt, wenn sehr viele Menschen einen bestimmten Impfstoff verabreicht bekommen haben. Auch wenn kein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und dem unerwünschten Impfereignis zu bestehen scheint, wird dies erst sichtbar, wenn sehr, sehr viele Menschen geimpft wurden.

Während der klinischen Studie verstarben insgesamt sechs Probanden. Zwei davon stammten aus der Verum-Gruppe und vier aus der Kontrollgruppe. Laut der EMA (European Medicines Agency) besteht kein Zusammenhang der Todesfälle zu den Impfungen.

Außerdem besteht die Befürchtung, dass eine impfstoffassoziierte Krankheitsverstärkung (ADE) auftreten könne. Wäre dies der Fall, so wären geimpfte Personen durch die Impfung einem höheren Risiko eines schlimmeren Krankheitsverlaufes ausgesetzt, falls sie sich nach der Impfung mit COVID-19 infizieren. Derzeit können noch keine Rückschlüsse gezogen werden, da die Anzahl der Probanden mit schwerem COVID-19-Verlauf zu gering war, um das Potenzial einer ADE zu beurteilen. Da sich eine ADE vermutlich erst dann bemerkbar macht, wenn die Wirksamkeit des Impfstoffs nachlässt, wird man erst in der Zukunft sehen können, ob die Befürchtungen eintreffen werden oder nicht.

Weitere Bedenken sind, dass eine Immunantwort gegen den Adenovirus selber, der ja lediglich als Transportmittel dient, hervorgerufen wird. So kann es passieren, dass bei einer Folgeimpfung und einem Folgekontakt des Immunsystems mit dem Adenovirus dieser schon bekämpft wird, noch ehe er die Zielzellen erreichen und die Spike-DNA einschleusen kann. Die Wirkung dieser Folgeimpfung wäre somit stark vermindert.

Eine zweite Impfstoffdosis ist zwingend nötig

Zunächst aber konnte in den klinischen Studien eine brauchbare humorale und zelluläre Immunantwort gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen werden. Nach der zweiten Impfung waren die Antikörpertiter vergleichbar zu jenen von genesenen COVID-19-Patienten [6]. Die Immunogenität bei älteren Personen ab 70 Jahren war ähnlich zu der Immunogenität in allen anderen Altersgruppen [7]. Dosierungsintervallstudien demonstrierten, dass zwingend eine zweite Impfstoffdosis verabreicht werden muss um den Titer als auch die Funktionalität der Antikörperreaktion zu verstärken, damit eine solide Immunabwehr erreicht werden kann.

Versuche, bei denen Probanden zuerst eine halbe Impfdosis erhielten und mit der Zweitimpfung eine ganze resultierten in einem höheren Antikörperspiegel. Allerdings ist wahrscheinlich nicht die Dosis entscheidend für diesen Effekt, sondern der Zeitraum, nach wieviel Tagen die Zweitimpfung verabreicht worden ist. Die Gruppe mit der niedrigeren Dosis erhielt erst nach mindestens zwölf Wochen Abstand ihre zweite Impfung, die Standardgruppe dahingegen nach spätestens 6 Wochen. Die Antikörperspiegel steigen tendenziell mit zunehmendem Intervall zwischen Grund- und Auffrischungsdosis an, so dass dies wahrscheinlich der eigentliche Grund für die gesteigerte Immunantwort ist.

ChAdOx1 kann weder eine Infektion, noch eine Übertragung von SARS-CoV-2 verhindern

Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff von AstraZeneca ist jedoch weder dafür ausgelegt eine Infektion, noch eine Übertragung von SARS-CoV-2 zu verhindern. Er kann lediglich Krankheitssymptome reduzieren (Als COVID-19 positiv galt man in dem Fall, wenn ein positiver RT-PCR-Test vorlag und mindestens ein Krankheitssymptom vorhanden war. Asymptomatische COVID-19-Fälle ohne Symptome fielen somit aus der Aufzeichnung heraus). Bei Versuchen mit Rhesusaffen gab es kaum Hinweise auf eine Reduktion der Virenlast in den oberen Atemwegen und am Tag 7 nach der Impfung schien es einen Anstieg an viraler RNA im Dickdarm zu geben [1].

Auf genotoxische Studien, also Untersuchungen, die überprüfen, ob das Erbgut der Zellen verändert wird, und auf kanzerogene Studien, das heißt Untersuchungen, ob die Krebserzeugung gefördert wird, wurde verzichtet.

[1] Astrazeneca, “Public Assessment Report Authorisation for Temporary Supply COVID-19 Vaccine AstraZeneca, solution for injection in multidose container COVID-19 Vaccine (ChAdOx1-S [recombinant]) D,” Med. Healthc. Prod. Regul. Agency, vol. 2, pp. 1–57, 2021

[2] J. S. Richardson et al., “Enhanced protection against Ebola virus mediated by an improved adenovirus-based vaccine,” PLoS One, vol. 4, no. 4, p. e5308, 2009.

[3] D. H. Holman et al., “Two complex, adenovirus-based vaccines that together induce immune responses to all four dengue virus serotypes,” Clin. Vaccine Immunol., vol. 14, no. 2, pp. 182–189, 2007.

[4] U. F. Greber, M. Suomalainen, R. P. Stidwill, K. Boucke, M. W. Ebersold, and A. Helenius, “The role of the nuclear pore complex in adenovirus DNA entry,” EMBO J., vol. 16, no. 19, pp. 5998–6007, 1997.

[5] D. med. F. Sinowatz and C. Felchner, “Trigeminusneuralgie,” no. April, 2018, [Online]. Available: https://www.netdoktor.de/krankheiten/trigeminusneuralgie/.

[6] P. M. Folegatti et al., “Safety and immunogenicity of the ChAdOx1 nCoV-19 vaccine against SARS-CoV-2: a preliminary report of a phase 1/2, single-blind, randomised controlled trial,” Lancet, vol. 396, no. 10249, pp. 467–478, 2020.

[7] M. N. Ramasamy et al., “Safety and immunogenicity of ChAdOx1 nCoV-19 vaccine administered in a prime-boost regimen in young and old adults (COV002): a single-blind, randomised, controlled, phase 2/3 trial,” Lancet, vol. 396, no. 10267, pp. 1979–1993, 2020.